Der Begriff Legacy-Spiel ist dem einen oder anderen sicherlich schon zu Ohren gekommen. Falls nicht, dann sei das an dieser Stelle noch einmal kurz erklärt: In einem Legacy-Spiel treffen die Spieler Entscheidungen, die Auswirkungen auf nachfolgende Partien haben. So ein Spiel ist Charterstone, in dem es am Anfang nur wenige (einfache) Regeln gibt und in dem mit der Zeit immer mehr hinzukommen. Gleichzeitig ist Charterstone ein sogenanntes Worker Placement Game, also ein Arbeitereinsetzspiel, in dem die Spieler die verschiedenen Aktionen durch den Einsatz ihrer Arbeiter ausführen können.
Das Spiel aus dem Feuerland-Verlag ist für einen bis sechs Spieler ausgelegt, wobei es erst mit der vollen Spielerzahl sein gesamtes Potential offenbart. Aber auch mit vier Teilnehmern macht Charterstone schon Spaß, weniger sollten es jedoch nicht sein. Zwar kann man sich immer dann, wenn keine sechs Spieler teilnehmen, sogenannter Automas bedienen (im Solospiel muss man das sogar), für die dann bestimmte Aktionen vorgegeben sind, allerdings will Spaß unter Nutzung dieser Automas nicht wirklich aufkommen, auch wenn dieser Mechanismus zweifellos gut funktioniert.
Im Kern geht es in Charterstone darum, über zwölf Runden (also über zwölf einzelne Spiele) gemeinsam ein Dorf zu errichten. Und auch wenn man dies gemeinsam tut, indem alle Teilnehmer Gebäude bauen, gibt es am Ende jeder dieser Runden einen Gewinner. Dabei besitzt jeder Spieler ein sogenanntes Charter, in das er im Spiel erlangte Gebäude bauen (und das bedeutet in Charterstone kleben) kann. Es gibt viele unterschiedliche Gebäude, die man nicht alle verwenden können wird. Durch bestimmte Aktionen, meistens wenn man zuvor ein Gebäude errichtet hat, kann man Kisten öffnen, in denen sich dann wiederum neue Gebäude-, aber auch neue Charakter- oder auch Assistentenkarten befinden, die einem im Spiel bestimmte Vorteile ermöglichen. Nach den zwölf Runden hat man sich dann ein individuelles Spielbrett geschaffen, das man über die zwölf Runden hinaus natürlich weiter zum Spielen nutzen kann.
Zu jedem Charter gehört eine Chartertruhe, in welcher der Spieler, der dieses Charter kontrolliert, gewisse Sachen horten und je nach Kapazität mit in das nächste Spiel mitnehmen kann. Daneben gibt es unter anderem auch ein Archiv, in welches benutzte Karten, wie zum Beispiel leere Gebäudekarten, von denen man den Sticker bereits abgezogen hat, hineinstecken kann. Das hat auch einen Grund. Denn zu Charterstone existiert ein separat erhältliches Recharge Pack, das die Karten des eigentlichen Spiels noch einmal enthält. Das Archivieren der benutzten Karten erleichtert später das Austauschen der verwendeten mit den neuen ungenutzten Karten des Recharge Packs. Ein völlig neues Spiel braucht man deswegen nicht zu kaufen, weil der Spielplan von Charterstone doppelseitig ist, so dass man mit dem Recharge Pack vielleicht mit einem anderen Team ein völlig neues beziehungsweise anderes Dort aufbauen kann.
Das Spielmaterial ist dabei vor allem eins: Atemberaubend! Schon beim Öffnen der Schachtel schlägt das Brettspielerherz höher, wenn man die vielen kleinen Packungen sieht, die sich darin befinden. Die Index-Schachtel, in der sich die ganzen Karten befinden, die alle nummeriert sind und von denen man dann bestimmte zieht, wenn man Kisten öffnet oder anderweitig an irgendeiner Stelle des Spiels dazu aufgefordert wird, hat einen Magnetverschluss. Die Karten als solche und der Spielplan lassen keine optischen Wünsche übrig. Dabei ist das gesamte Material nicht nur schön, sondern auch hochwertig. Man kann es kaum erwarten immer wieder neue Gebäude zu bauen, um im Anschluss neue Kisten öffnen zu können. Es fühlt sich so ein bisschen an wie Geschenke auspacken.
Charterstone spielt sich vor allem am Anfang flüssig. Später, wenn immer neue Regeln hinzukommen, muss man zwar immer mehr beachten, doch hat man eigentlich nie das Gefühl, dass das Spiel dadurch unüberschaubar oder schwerer verständlich wäre. Einige neue Regeln ersetzen im Laufe der zwölf Runden andauernden Kampagne alte, doch wenn man diesen Umstand bereits beim Einkleben dieser neuen Regeln in die Spielanleitung beachtet, dann sollte man keine Probleme haben. Wie bei vielen Spielen gilt es nichtsdestotrotz auch hier, die Regeln genau zu lesen, da man ansonsten durch das Auslassen, Missinterpretieren oder ähnliches schon eines Wortes Charterstone falsch spielen könnte.
Aktionen in Charterstone können verschiedene sein: Man kann Rohstoffe sammeln, um mit ihnen später Gebäude zu bauen oder diese in Geld umzuwandeln. Man kann Ansehen erwerben, das einem am Ende einer Runde wertvolle Punkte bringen kann oder versuchen, eines der vorgegebenen Ziele zu erfüllen, die von Runde zu Runde anders sind und die zum Beispiel darin bestehen, von jeder der sechs verfügbaren Rohstoffarten eine zu haben.
Charterstone kann vollends überzeugen. Die Spielzeit ist mit 20 bis 60 Minuten angegeben, wobei man pro Partie schon mit einer vollen Stunde rechnen darf. Die Altersempfehlung liegt bei 14 Jahren, allerdings können durchaus auch Kinder ab zehn oder zwölf Jahren mitspielen, vor allem, wenn die Erwachsenen bei den späteren Runden ein wenig mithelfen. So ist Charterstone in seiner gesamten Pracht sicherlich auch für Familien geeignet und darüber hinaus für alle, die ein tolles Spiel suchen, das man mit mehr als nur vier Spielern genießen kann.